Was bleibt?
Kriegsenkel
Viele von ihnen sind schon gegangen,
sie haben gelebt, so steht’s gemeißelt in Stein.
In Wirklichkeit aber waren sie gefangen,
denn nachts, da suchte Vergangenes sie heim.
Vergangenheit, die jetzt in unserer Zeit
zurückkehrt mit Bomben, Raketen und Drohnen.
Sie begleiten den Tod und sie tragen ihn weit
über alle Grenzen hinweg in die verhassten Nationen.
Sie hinterlassen Zerstörung, sie raffen Leben dahin,
ohne Rücksicht auf Kinder und Frauen.
Auch Alte und Kranke, sie stehen mittendrin
und betrachten nur fassungslos dieses Grauen.
Selbstsüchtig, und vom Wahn wie zerfressen,
schickt man sein Volk hinaus ins Verderben.
Man hat dabei wohl die Geschichte vergessen,
denn am Ende steht immer nur eines: das Sterben.
All die, die dann zurückbleiben in Chaos und Schutt,
oder vertrieben wurden von Hof und von Haus.
Deren Leben, das ist dann auf ewig kaputt,
denn das Geschehene, das geht aus den Köpfen nicht raus.
Als Kinder des Krieges, ihre Heimat verloren,
so suchten sie in der Fremde das Glück.
Ward es gefunden und wurden Kinder geboren,
so vererbte man vom eigenen Leben ein Stück.
Vor all dem Grauen aus den Jahren zuvor
will man sie dann schützen, will man sie nicht quälen.
Nur selten einmal drang ihnen etwas ans Ohr,
wenn man aus Leid und Schmerz begann zu erzählen.
Erinnerung kam dann stückweise ans Licht,
begleitet von Trauer, von Wut oder Zorn.
Man erkannte dabei in so manch verhärmtem Gesicht,
der Lebensmut damals, der war beinahe verlor ‘n.
In Hoffnung auf Frieden, auf ein ganz neues Leben,
vergräbt man Vergangenes tief in sich hinein.
Mit einem Mantel des Schweigens bedeckt man es eben,
doch schützt Schweigen die Seele? Ich glaube: Nein!
Denn durch die Last dieses Schweigens, da heilt keine Wunde,
sie verkrustet nur und sie wird weitergegeben.
Dann, irgendwann später, da kommt ihre Stunde
sie bricht wieder auf in einem späteren Leben.
Die Saat von unbewusster Trauer, von Angst und Verlust,
sie geht wieder auf und sie trägt ihre Früchte.
Und ganz so, als hätte sie es immer gewusst,
wiederholt sich auf ewig ihre Geschichte.
Was bleibt, das ist der Enkel des Krieges,
der Angst, Schmerz und Trauer tief in sich verspürt.
Und dieser Teufelskreis, der wird niemals durchbrochen,
solange der Mensch seine Kriege noch führt.